Vorhersage von Immunevasions-Mutanten (PREMUS)
Projektleiter: Prof. Dr. Stefan Dübel
Schlüsselbereich
- Antivirale Strategien: Wirk- und Impfstoffe, Antikörper
Wer war beteiligt?
- Prof. Dr. Stefan Dübel (Projektleitung, TU Braunschweig)
- Prof. Dr. Michael Hust (TU Braunschweig)
- Prof. Dr. Luka Čičin-Šain (HZI)
- Prof. Dr. Stefan Pöhlmann (DPZ)
Was war das Ziel?
Im PREMUS-Projekt wird analysiert, welche Mutationen in der Rezeptorbindungsdomäne (RBD) des Spike-Proteins SARS-CoV-2 vor der Neutralisation durch Antikörper schützen. Dazu werden mithilfe von Mutagenese des Spike-Gens, Konstruktion von Phage-Display-Bibliotheken mit Millionen von RBD-Varianten und sequenzieller Selektion Spike-Varianten identifiziert, die nicht mehr durch Antikörper gebunden werden. Mithilfe dieses Ansatzes lassen sich die Auswirkungen von möglicherweise zukünftig auftretenden Mutationen auf die Wirksamkeit von Impfstoffen und therapeutischen Antikörpern bereits jetzt ermitteln.
Das wurde erreicht:
Das Projekt untersuchte, wie die Auswirkungen möglicher künftiger Mutationen im Spike-Protein des SARS-CoV-2-Coronavirus auf die Wirksamkeit neutralisierender therapeutischer Antikörper kartiert werden können. Zahlreiche solcher Antikörper wurden bereits für den klinischen Einsatz zur Behandlung von Patienten, die akut an COVID-19 erkrankt sind, zugelassen, aber viele wurden bereits durch Mutationen im Spike-Protein des Virus unwirksam gemacht. Für künftige Antikörperentwicklungen wäre es wünschenswert, potenzielle Mutationen, die diese Medikamente unwirksam machen könnten, so früh wie möglich zu identifizieren. Diese Informationen könnten genutzt werden, um bessere Medikamente zu entwickeln.
Im Rahmen des PREMUS-Projekts wurde Phage Display eingesetzt, eine Methode, mit der Millionen mutierter Varianten des Spike-Proteins des Virus gleichzeitig untersucht werden können, ohne dass mutierte Coronaviren hergestellt werden müssen. Wir haben einen Ansatz entwickelt, um die Auswirkungen von SARS-CoV-2-Varianten mit Mutationen in der Rezeptorbindungsdomäne (RBD) auf die Wirksamkeit von therapeutischen Antikörpern zu testen. Erreicht wurde dies durch den Einsatz von Zufalls-Mutagenese im Spike-Gen, den Aufbau von Phage-Display-Bibliotheken mit einer Diversität von mehr als 106 RBD-Varianten und deren Verwendung für die sequentielle Selektion auf ACE2- und Anti-SARS-CoV-2-Antikörpern, um RBD-Mutanten zu identifizieren, die zwar immer noch infektiös sind, aber von den analysierten Antikörpern nicht neutralisiert werden können. Die Daten zum Funktionsverlust bei der Bindung können dabei einen Hinweis auf die Auswirkungen künftiger Mutationen im Spike-Protein auf die Wirksamkeit therapeutischer Antikörper liefern. Zur Validierung der Methode wurden mutierte RBD-Bibliotheken erzeugt, indem zufällig mutierte RBD-Gene von Wuhan und Omicron BA.1 in den Phagen-Display-Vektor pHAL30 kloniert wurden, ähnlich dem Verfahren, das zur Erzeugung von ORFeome-Phagen-Display-Bibliotheken verwendet wird. Die Diversität der Genbibliotheken lag in beiden Bibliotheken bei über 2 x107 unabhängigen Klonen. Zur Identifizierung von Escape-Mutanten wurde zunächst eine Negativselektion auf den klinisch zugelassenen Antikörper LyCoV1404 (Bebtelovimab) durchgeführt, bevor das Panning auf ACE2 erfolgte. Es wurden so potenzielle Escape-Mutanten identifiziert. Außerdem konnten wir feststellen, dass SARS-CoV-2-RBD mit der Mutation K378Q nicht mehr vom neutralisierenden Antikörper CR3022 erkannt wird und dennoch an den ACE2-Rezeptor bindet.
Die erzielten Ergebnisse veranschaulichen das Potenzial des Antigen-Phagendisplays zur Identifizierung von Mutationen im SARS-CoV-2-Spike-Protein, die bewirken, dass das Virus von einem neutralisierenden Antikörper nicht mehr erkannt wird, aber die Bindung an den für die Infektion notwendigen zellulären Rezeptor dennoch nicht verhindern. Wir entdeckten auch ein immunogenes Epitop in der S2-Subdomäne des Spike-Proteins, das bei COVID-19-Patienten häufig vorkommt. Schließlich wurde ein klinisch verwendeter Antikörper erfolgreich mutiert, um seine Bindung an eine neue variant of concern von SARS-CoV-2 wiederherzustellen.