Spürhunde als Screening-Methode für SARS-CoV-2-Infektionen
Projektleiter: Prof. Dr. Holger A. Volk
Schlüsselbereich
- Antivirale Strategien: Wirk- und Impfstoffe, Antikörper
Wer war beteiligt?
- Prof. Dr. Holger A. Volk (Projektleiter, TiHo)
- Dr. Friederike Twele (TiHo)
- Dr. Claudia Schulz (TiHo)
- Prof. Dr. med. Tobias Welte (MHH)
- Prof. Dr. Thomas Illig (MHH)
Was war das Ziel?
Die Früherkennung von Personen mit einer SARS-CoV-2-Infektion ist nach wie vor das wichtigste Instrument zur Unterbrechung der Infektionskette. Mehrere Studien haben bereits bewiesen, dass Hunde über eine außerordentliche Geruchsfähigkeit verfügen, um mit SARS-CoV-2 infizierte Personen zu erkennen. Mit dem zunehmenden Wissen über das Virus, der Vielfalt und Chronizität der Krankheitsausprägung und der steigenden Zahl der geimpften Personen sind jedoch einige Fragen noch unbeantwortet geblieben. Es werden eine Reihe von Hypothesen getestet, um den Einsatz von Spürhunden als Screening-Methode für SARS-CoV-2-Infektionen genauer zu untersuchen.
Das wurde erreicht:
Das Projekt „Detection Dogs as first line screening method for SARS-CoV-2-infections“ [Deutsch: Spürhunde als Erstlinien-Screening-Methode für SARS-CoV-2-Infektionen] hatte zum Ziel, zentrale Aspekte, wie das Potenzial und die Limitationen von Spürhunden als vielversprechende innovative und diagnostische Methode zur Erkennung von SARS-CoV-2-Infektionen, näher zu untersuchen.
Für die erste Hypothese wurde untersucht, ob Spürhunde Proben von Patient*innen mit langanhaltenden COVID-19-Symptomen (Long COVID) identifizieren. Im ersten Szenario (akutes COVID-19 vs. Long COVID) zeigten die Hunde eine hohe diagnostische Sensitivität (DSe) von 86,7% und Spezifität (DSp) von 95,8%. Im zweiten Szenario, mit Long-COVID- und Negativkontrollproben, erreichten sie eine DSe von 94,4% für Long COVID und eine DSp von 96,1%. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass der spezifische Geruch flüchtige organische Verbindungen (VOCs) von akutem COVID-19 in den meisten Long-COVID-Proben von Spürhunden erkannt wird.
Die zweite Hypothese hatte das Ziel, die Unterscheidungsfähigkeit von Spürhunden zwischen SARS-CoV-2-Infektionen und anderen viralen Atemwegsinfektionen zu evaluieren. In Test-Szenario I wurden Proben von Personen mit anderen respiratorischen Virusinfektionen als Distraktoren verwendet. Die Hunde erreichten dabei eine durchschnittliche DSe von 73,8% und eine DSp von 95,1%. In Test-Szenarios II und III, zur Unterscheidung einer SARS-CoV-2 Infektion von anderen respiratorischen Viren oder anderen Coronaviren aus Zellkulturüberständen, erzielten die Hunde eine DSe von 61,2% bzw. 75,8% und DSp von 90,9% bzw. 90,2%. Die niedrigere diagnostische Genauigkeit im Vergleich zu Studien mit Proben gesunder Personen deutet darauf hin, dass eine Vielzahl von Proben von Personen mit verschiedenen viralen Atemwegsinfektionen im Training essentiell ist, um einen erfolgreichen Diskriminierungsprozess sicherzustellen.
Die dritte Hypothese adressierte die Fähigkeit der Hunde, geimpfte Personen von SARS-CoV-2-infizierten Personen zu differenzieren. Sie wurde im Rahmen eines Massenscreenings mit 2802 Teilnehmenden, von denen 87% vollständig gegen SARS-CoV-2 geimpft waren, untersucht. Die Zeitspanne zwischen Impfung und Studienteilnahme variierte dabei von einem Tag bis zu mehreren Monaten. Die Ergebnisse zeigten, dass geimpfte Personen von den Spürhunden als SARS-CoV-2-negativ erkannt werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass geimpfte Personen fälschlicherweise als positiv identifiziert werden, kann daher als vernachlässigbar eingestuft werden.
Die vierte Hypothese bezog sich auf die olfaktorische Erkennung von SARS-CoV-2-Proteinen durch die Hunde. Vorläufig generierte Daten weisen darauf hin, dass Spürhunde, die mit Proben von akuten COVID-19-Patient*innen trainiert wurden, auch rekombinantes SARS-CoV-2-Protein anzeigen können.
Mit der fünften Hypothese wurde die Fähigkeit von Spürhunden untersucht, auch Proben SARS-CoV-2-infizierter Tiere (Frettchen und Hamster) zu erkennen, auch wenn das Training mit humanen Proben durchgeführt wurde. Die Ergebnisse zeigten, dass Spürhunde SARS-CoV-2 Infektionen bei Frettchen und Hamstern mit einer vergleichbaren DSe (82-97%) und DSp (90-97%), wie beim Menschen nachweisen können und diese von einer Influenzainfektion beim Frettchen differenzieren können, ohne zuvor ein spezielles Training mit Tierproben absolviert zu haben. Dies weist daraufhin, dass VOC SARS-CoV-2 infizierter Tiere jenen von Menschen ähneln.
Insgesamt beleuchten diese Ergebnisse vielversprechende Perspektiven für neue Trainingsmethoden, um Spürhunde zukünftig als ergänzende und zeitsparende Screening-Methode für SARS-CoV-2-Infektionen mit hoher DSe und DSp anwenden zu können. In unserem Projekt konnten wir wichtige Erkenntnisse gewinnen, wie vielfältig und komplex die Geruchsmuster sind, die Hunde eine SARS-CoV-2 Infektion erkennen lassen, auch wenn sich Anteile in den Geruchsmustern unterscheiden oder fehlen. Hervorzuheben ist die Übertragbarkeit dieser Methode im Hinblick auf zukünftige Pandemien.
Publikationen
- Canine olfactory detection of SARS-CoV-2-infected humans-a systematic review. Meller, S., Caraguel, C., Twele, F., Charalambous, M., Schoneberg, C., Chaber, A. L., Desquilbet, L., Grandjean, D., Mardones, F. O., Kreienbrock, L., de la Rocque, S., & Volk, H. A., Annals of Epidemiology 2023, 85, 68–85, https://doi.org/10.1016/j.annepidem.2023.05.002
- β-Propiolactone (BPL)-inactivation of SARS-Co-V-2: In vitro validation with focus on saliva from COVID-19 patients for scent dog training. Pilchová, V., Prajeeth, C. K., Jendrny, P., Twele, F., Meller, S., Pink, I., Fathi, A., Addo, M. M., Volk, H. A., Osterhaus, A., von Köckritz-Blickwede, M., & Schulz, C., Journal of Virological Methods 2023, 317, https://doi.org/10.1016/j.jviromet.2023.114733