Interdisziplinäre Erforschung der Langzeitfolgen der SARS-CoV-2-Pandemie
Schlüsselbereich 5
Koordination: Georg-August-Universität Göttingen, und Medizinische Hochschule Hannover, MHH
Mit „Long COVID1“ und „Post COVID2“ ist im Zuge der SARS-CoV-2-Pandemie ein neuartiges Krankheitsbild aufgetreten, dass das deutsche Gesundheitssystem vor enorme Herausforderungen stellt. Die Prävalenz ist je nach Studie und gewähltem Studiendesign sehr unterschiedlich und schwankt zwischen 1-2% und 10-20%. In Anbetracht der großen Zahl an COVID-19-Erkrankten ist selbst unter Annahme der niedrigeren Zahlen, mit einer hohen Zahl an Erkrankten zu rechnen. Das Krankheitsbild Long/Post COVID ist diffus, die Symptomatik vielfältig – entsprechend schwierig gestalten sich Diagnose und Behandlung. Um die Patient*innen effektiv diagnostizieren und therapieren zu können, ist die Medizin auf umfassende Erkenntnisse zu Ursachen und Verlauf von Long/Post COVID-Erkrankungen aus der Grundlagen-, klinischen und Versorgungsforschung angewiesen.
Gleichzeitig treten die gesellschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Pandemie in nahezu allen Lebens- und Arbeitsbereichen zunehmend deutlich zu Tage und auch psychische Auswirkungen nehmen zu. Um Strategien zur Bewältigung der Pandemiefolgen zu entwickeln, ist eine koordinierte Bündelung von interdisziplinären und komplementären Expertisen notwendig.
1 Symptome bestehen für vier bis 12 Wochen
2 Symptome bestehen länger als 12 Wochen und sind nicht erklärbar durch andere Diagnosen
Forschungsziele
Bessere Charakterisierung der Post COVID-Erkrankung und Identifikation von Zielen für therapeutische Ansätze
… durch Aufklärung der zugrundeliegenden Erkrankungsmechanismen in klinischen Forschungsprojekten.
… durch Etablierung und Validierung diagnostischer Werkzeuge, wie z.B. Biomarker.
… anhand kleinerer Therapiestudien im Rahmen von Proof-of-Concept-Studien an gut charakterisierten Patient*innenkohorten.
… durch experimentelle, präklinische Modellforschung mit hohem Translationspotential.
Interdisziplinäre und methodisch vielfältige sowie systematische Aufklärung der Versorgungssituation
… wie Versorgungsbedarfe/-pfade bei Long/Post COVID, medizinsoziologische und medizinpsychologische Aspekte der Long/Post-COVID-Versorgung und bei den Versorgern (Personalbelastung) mittels digitaler Technologien zur Ableitung von Handlungsempfehlungen.
… gesellschaftlicher Akzeptanz und gesundheitskompetenzsensibler Kommunikation sowie der Kommunikation zwischen Ärzt*innen und Patient*innen durch die Entwicklung von (Diagnostik-)Tools, Strategien und Interventionen.
Erhalt eines größeren, (sozial-)medizinischen und gesellschaftlichen Bildes durch Erforschung der pandemischen Langzeitfolgen auf die Lebens- und Arbeitswelt
... mittels Sammlung gesellschaftswissenschaftlich relevanter und aussagekräftiger Datensätze und systematische Erfassung sozialer Hintergründe von COVID-19 bzw. Long/Post COVID-Erkrankten zur Entwicklung gesellschaftlicher „Learnings“ u.a. durch Anknüpfung an bereits bestehende Datensätze, Kohorten und qualitative Fallstudien.
... durch die Entwicklung von Kommunikationstools gegenüber Beschäftigten, Gewerkschaften und Arbeitgebern.
Verbesserung der psychischen Gesundheit von Kindern, Jugendlichen und Ihren Familien in pandemischen Krisensituationen
… mittels Erhebung aussagekräftiger empirischer Daten, z.B. zur Identifizierung von Einflussfaktoren auf die psychische Gesundheit, das Lernverhalten und die sozialen Kompetenzen von Kindern während und nach der Pandemie, mittels Interviews und standardisierten Untersuchungen größerer Stichproben.
… durch Konzeption von (Präventiv-)Maßnahmen, z.B. Unterstützungsprogrammen inklusive Prävention/Frühintervention und telemedizinischer Maßnahmen, sowie der Entwicklung und Etablierung von Monitoring- und Screening-Programmen zur frühzeitigen Identifizierung besonders gefährdeter Kinder.
Forschungsfelder
Die Forschungsansätze umfassen die folgenden Bereiche:
Forschungsfeld 1 - Grundlagen- und translationale Forschung zu Post COVID
Schwere Fatigue mit allen Konsequenzen für die Lebensqualität der Betroffenen ist kein Krankheitsbild, dass mit der SARS-CoV-2-Pandemie neu aufgekommen ist. Chronische Fatigue Syndrome sind als Folge vieler Infektionskrankheiten, z.B. von EBV Infektionen, aber auch als Folge von Autoimmunerkrankungen bekannt. Aufgrund der hohen Fallzahlen an COVID-19-Erkrankungen ist dieses Krankheitsbild jedoch zu einem Phänomen mit wesentlichem Einfluss auf die Gesundheitsversorgung geworden.
Erforschung der Pathomechanismen
Trotz jahrzehntelanger Forschung gibt es bisher nur rudimentäre Erkenntnisse zur Pathogenese des Chronic Fatigue Syndroms. Eine Therapieoption gibt es bisher nicht, bis zum jetzigen Zeitpunkt sind nicht einmal randomisiert kontrollierte, Pathophysiologie getriebene Studien abgeschlossen. Erschwerend kommt hinzu, dass Fatigue zwar das wichtigste, nicht aber das einzige Symptom der Post COVID-Erkrankung ist. Belastungsintoleranz, Gedächtnis-, Konzentrations- und Schlafstörungen, Geschmacks- und Riechstörungen, Dyspnoe und verschiedene Formen kardialer Rhythmusstörungen spielen ebenso eine Rolle. Wahrscheinlich liegen verschiedenen Symptomatiken unterschiedliche Pathomechanismen zugrunde, die verschiedene Therapieansätze benötigen.
Bessere Charakterisierung der Erkrankung und Identifizierung von Targets für therapeutische Ansätze
Im Rahmen dieser Ausschreibung sollen daher an gut charakterisierten Patientenkohorten die pathogenetische und immunologische Forschung vorangetrieben werden, um einerseits eine bessere Charakterisierung der Post COVID-Erkrankung zu erreichen und andererseits Targets für therapeutische Ansätze zu finden. Therapiestudien sind im Rahmen von Proof-of-Concept-Studien mit nachgewiesener Machbarkeit innerhalb des vorgegebenen Projektzeitraumes förderfähig.
Unsere Projekte aus Forschungsfeld 1 - Grundlagen- und translationale Forschung zu Post COVID
Forschungsfeld 2 – Versorgungsforschung in Hinblick auf die Langzeitfolgen der Pandemie
Mit „Long COVID“ und „Post COVID“ ist im Zuge der SARS-CoV-2-Pandemie ein neuartiges Krankheitsbild aufgetreten, dass das deutsche Gesundheitssystem vor enorme Herausforderungen stellt. Zudem hat die Pandemie zu Veränderungen im Bereich der Versorgung geführt. Gegenstand der Versorgungsforschung ist die "letzte Meile" des Gesundheitssystems, d.h. sie zeichnet sich durch ihre besondere Nähe zur klinisch-praktischen Patient*innenversorgung aus. Im Rahmen der Erforschung von Long/Post COVID sowie der weiteren aus der Pandemie resultierenden Langzeitfolgen sind folgende Forschungsfragen systematisch anzugehen - methodisch vielfältig und interdisziplinär verbunden:
Versorgungsbedarfe, Versorgungssituation und -pfade
In Bezug auf die Versorgung von Patient*innen mit Long/Post COVID oder im Hinblick auf andere Pandemie-bedingte Langzeitfolgen bedarf es über epidemiologische und biomedizinische Studien hinausgehend der Erhebung von Versorgungsbedarfen und -bedürfnissen sowie Erfahrungen von Patient*innen und deren Angehörigen bzw. des familiären und sozialen Umfelds mit den Langzeitfolgen und der Versorgung. Auch versorgungsepidemiologische Erkenntnisse können dazu beitragen die Versorgungslage zu beschreiben und Handlungsbedarfe abzuleiten. Hier sind insbesondere zum einen die Verbreitung und Nutzung evidenzbasierter Erkenntnisse zur Diagnostik und Behandlung von z.B. Long/Post COVID in der Versorgungsrealität und zum anderen die Gestaltung von patient*innenorientierten Versorgungspfaden über Disziplinen (z.B. Allgemeinmedizin, Pädiatrie, Neurologie, Kinder- und Jugendpsychiatrie und Jugendhilfe) und Sektoren (z.B. primärärztlich, akut-stationär, rehabilitativ) hinweg von hohem Erkenntnisinteresse. Hierbei sind auch Fragen der Sicherung der wohnortnahen Versorgung, ggf. mit Hilfe von digitalen Technologien, relevant.
Medizinsoziologische und medizinpsychologische Aspekte
Auch medizinsoziologische und medizinpsychologische Aspekte der Long/Post-COVID Versorgung, aber auch der Versorgung anderer Pandemie-bedingter Langzeitfolgen, sind weitestgehend unerforscht. Darunter fallen Studien zu gesundheitlichen Ungleichheiten nach sozioökonomischem Status (Wohnsituation, Erwerbsstatus, Migrationshintergrund) in Bezug auf Erkrankungsrisiken, Erkrankungsschwere und Gesundungschancen sowie bezüglich des Inanspruchnahmeverhaltens und des Zugangs zur Versorgung (Zugangsbarrieren etc.). Darüber hinaus ist die Kommunikation zwischen Ärzt*innen und Patient*innen gerade beim Vorliegen großer Unsicherheit in Bezug auf evidenzbasierte Diagnostik- und Behandlungsempfehlungen insbesondere bei Long/Post COVID besonders herausfordernd. Während die Informationsbedarfe von Patient*innen maximal hoch sind, sind die Kompetenzen und Informationslagen auf Seiten der Versorgenden gleichzeitig oftmals gering. Die damit einhergehenden Herausforderungen und Kommunikationsstrategien sind bisher weitgehend unerforscht.
Gesellschaftliche Akzeptanz und gesundheitskompetenzsensible Kommunikation
Zudem wird eine fehlende Akzeptanz längerfristiger und hartnäckiger Krankheitsverläufe sowohl innerhalb des Gesundheitswesens, am Arbeitsplatz, in Erziehungs- und Bildungseinrichtungen als auch gesellschaftlich beobachtet. Hinzu kommt, wie in vergleichbaren Fällen chronifizierter Erkrankungen, die Gefahr der Stigmatisierung, insbesondere bei diagnostiziertem Long/Post COVID. Es bedarf Strategien und Interventionen der gesellschaftlichen Aufklärung, die existierende wissenschaftliche Erkenntnisse der Gesundheits- und Risikokommunikation nutzen. Im Sinne einer gesundheitskompetenzsensiblen Kommunikation müssen Kommunikationsstrategien an Zielgruppen ausgerichtet werden.
Umgang von Gesundheitseinrichtungen mit der hohen Versorgungsbelastung
Von hoher Relevanz ist schließlich auch der Blick auf die an der Versorgung beteiligten Professionen im Gesundheitswesen selbst. Das betrifft grundsätzlich alle Professionen, die hier zusammenwirken. Deren Arbeitssituation bzw. Arbeitsumfeld, aber auch ihre individuellen Kompetenzen sowie ihr professionelles Berufsverständnis spielen für eine hochwertige Gesundheitsversorgung einer großen aufkommenden Zahl von Patient*innen mit Long/Post COVID oder anderen Pandemie-bedingten Erkrankungen eine zentrale Rolle. Die beste Versorgungsinfrastruktur verliert an Wert, wenn es an Personen fehlt, die sie qualitativ hochwertig und professionell nutzen und weiterentwickeln können. Diese Situation verschärft sich auch quantitativ, wenn Gesundheitseinrichtungen in Zeiten hoher Versorgungsbelastung mit knapper Personaldecke arbeiten müssen.
Unsere Projekte in Forschungsfeld 2 - Versorgungsforschung in Hinblick auf die Langzeitfolgen der Pandemie
Forschungsfeld 3 – Interdisziplinäre Erforschung der pandemischen Langzeitfolgen auf die Lebens- und Arbeitswelt
Für die soziologische Bewertung und Analyse der Pandemie im Allgemeinen und für die Forschung zu den sozialen Folgen von Long/Post COVID im Besonderen sowie der weiteren Langzeitfolgen fehlen im lokalen, nationalen und globalen Maßstab gesellschaftswissenschaftlich relevante und aussagekräftige Datensätze. Hier liegt ein erhebliches Defizit und es ist unabdingbar, mit Blick auf Arbeits- und Lebenswelten, auf Betriebe und Nachbarschaften, auf familiäre Beziehungen und auf die Generationenverhältnisse relevante Daten mit Hilfe standardisierter oder qualitativ offener Methoden zu erheben.
Datenerhebungsstrategie für ein umfassendes Verständnis
Es bedarf daher im Rahmen der Erforschung der Pandemie-Langzeitfolgen einer umfassenden Strategie der Datenerhebung, um ein größeres, (sozial-)medizinisches wie gesellschaftliches Bild zeichnen zu können – sowohl mit retrospektivem Blick auf den Pandemieverlauf als auch mit Blick auf die „gesellschaftliche Zukunft“ (inkl. Folgekostenabschätzung) von Long/Post COVID und der weiteren Langzeitfolgen. Zweifelsohne spielen neben dem medizinischen Aspekt der Erkrankung auch soziale Gesichtspunkte eine zentrale Rolle im Leben der Betroffenen, im Alltag der Angehörigen, aber auch im beruflichen Umfeld der Kollegenschaft oder der Arbeitgeber.
Interdisziplinäre Forschungsdimensionen
Folgende Forschungsfragen sind systematisch anzugehen - methodisch vielfältig und interdisziplinär verbunden:
- Wie förderlich oder hinderlich sind spezifische soziale Kontexte für Chronifizierung von z.B. Long/Post COVID oder für deren Heilung/Linderung? Wo beginnt und endet Krankheit bzw. wo hört Gesundheit auf und wo fängt sie an?
- Was bedeuten die SARS-CoV-2-Pandemie, Long/Post COVID und weitere Pandemie-bedingte Langzeitfolgen für Betriebe und Beschäftigte im Allgemeinen? Welche Beschäftigten- und Statusgruppen, welche Branchen und Wirtschaftszweige haben mit diesen Langzeitfolgen in besonderer Weise zu kämpfen?
- Können die Auswirkungen von COVID-19 bzw. Long/Post COVID und weiterer Pandemie-bedingter Langzeitfolgen genauer beschrieben und typisiert werden, auch um die Frage zu beantworten, ob gemeinsame Muster mit anderen chronischen Erkrankungen in der Arbeitswelt identifiziert werden können?
- Eine zentrale Rolle spielt die Frage nach Transfer und Kommunikation (vgl. auch die Hinweise unter 1.2 im Feld der Versorgungsforschung) von wissenschaftlichem Wissen. Wie können wir von Seiten der Wissenschaft Long/Post COVID oder weitere aus der Pandemie resultierende Erkrankungen und Langzeitfolgen kommunizieren, zum Beispiel gegenüber Beschäftigten, Gewerkschaften und Arbeitgebern, aber auch in sozialen Kontexten der Migration?
Herausforderungen für die Gesellschaftswissenschaften
Zusammengefasst bedeutet das für dieses Forschungsfeld: Die Rolle der Gesellschaftswissenschaften besteht erstens in der extensiven und qualitätsgesicherten Datengenerierung und -aufbereitung, um anhand einer fundierten Datenbasis möglichst viele Aspekte der Erkrankung zu beleuchten. Zweitens gilt es, die sozialen Hintergründe von COVID-19 bzw. Long/Post COVID sowie weiterer Langzeitfolgen systematisch zu erfassen, um gesellschaftliche und medizinische „learnings“ aus der Pandemie zu entwickeln. Drittens bedarf es deutlich verbesserter Kommunikationstools. Zu präferieren sind Projekte, die diese drei Aufgaben vereinen. Hierzu können auch Projekte zählen, die an bereits bestehende Datensätze, Kohorten und qualitative Fallstudien anknüpfen. Auf diese Weise kann ein komplexes Verständnis für z.B. Long/Post COVID durch gemeinsame interdisziplinäre Forschung entstehen. Die Forschungsprojekte zielen auf diese Weise darauf, Gesundheit als ein hohes soziales und öffentliches Gut in Zeiten tiefgreifender gesellschaftlicher Transformationen zu thematisieren.
Unsere Projekte in Forschungsfeld 3 - Interdisziplinäre Erforschung der pandemischen Langzeitfolgen auf die Lebens- und Arbeitswelt
Forschungsfeld 4 – Psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen & ihren Familien
Kinder und Jugendliche sind eine der Gruppen, die von den weltweit besorgniserregenden Auswirkungen der SARS-CoV-2-Pandemie auf die psychische Gesundheit besonders stark betroffen waren und sind. Erste systematische Reviews legen eine deutliche Zunahme von Suizidversuchen, depressiven Störungen, Essstörungen und Angststörungen in der Altersgruppe bis 18 Jahren nahe (bis zu 30% Steigerung gegenüber Vor-Pandemie Niveau) sowie fehlende Lernfortschritte während der Lockdowns (Verlust von ca. 3 Perzentil-Punkten). Darüber hinaus zeigen einige Untersuchungen, dass Kinder und Jugendliche aus Haushalten mit geringerem Bildungshintergrund noch einmal stärker betroffen sind. Hinzu kommen ungewöhnliche Herausforderungen und Belastungen vieler Eltern während der Pandemie. Ein hohes Maß an elterlichem Stress kann sich ebenfalls nachteilig auf die physische und psychische Gesundheit der Kinder auswirken, da die Eltern nicht ausreichend als Regulativ zur Verfügung stehen. Die Auswirkungen der Pandemie auf Kinder und Jugendliche können insgesamt langanhaltend sein und die weitere soziale, kognitive und psychische Entwicklung langfristig beeinträchtigen.
Konzeption (präventiver) Maßnahmen zur Verbesserung der psychischen Gesundheit anhand aussagekräftiger empirischer Daten
Um zu verstehen, welche Faktoren die psychische Gesundheit, das Lernverhalten – und die sozialen Kompetenzen von Kindern während und nach der Pandemie negativ wie positiv beeinflussen, werden aussagekräftige empirischen Daten benötigt. Nur so können besonders gefährdete (oder besonders resiliente) Subgruppen identifiziert und geeignete (auch präventive) Maßnahmen zur Verbesserung der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Krisensituationen konzipiert werden. Bislang konzentrieren sich die meisten Studien auf Erwachsene. In den wenigen Untersuchungen zur psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen werden oft unterschiedliche Entwicklungsstadien nicht miteinbezogen, die Daten meist nur mithilfe von (Online)-Fragebögen und nur durch eine Informationsquelle meist fremdanamnestisch erhoben und häufig nicht die psychosozialen Umstände der Familie, die schulische Situation sowie Informationen zu Vorerkrankungen miteinbezogen.
Systematische Bearbeitung von Forschungsfragen
Folgende Forschungsthemen müssen systematisch bearbeitet werden:
- Wie hat sich die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen während des gesamten Pandemieverlaufs entwickelt und welche Faktoren bilden wichtige Moderatoren und Mediatoren? Gefragt sind sorgfältig konzipierte Untersuchungen mit größeren Stichproben, die unterschiedliche, gut charakterisierte Untergruppen einbeziehen und den Verlauf der SARS-CoV-2-Pandemie berücksichtigen (Prä-Post, zu mehreren Zeitpunkten). Datenerhebung mittels Interviews und standardisierten Untersuchungen, Inanspruchnahmeverhalten und Zugang zu Gesundheitsleistungen muss erfragt werden, sowie intra- und extrafamiliäre psychosoziale Belastungen
- Wie sind die Auswirkungen, die die SARS-CoV-2-Pandemie auf die psychische Gesundheit von Müttern und Vätern genommen hat, auf die Entwicklung ihrer Kinder im Längsschnitt einzuschätzen (psychisch kognitiv, sozial) – hier sind Entwicklungsverläufe über mehrere Zeitpunkte zu berücksichtigen. Generationsübergreifenden Auswirkungen der SARS-CoV-2-Pandemie auf die körperliche und psychische Gesundheit muss erfasst werden.
- Wie können wir wirksame Monitoring und Screening-Programme entwickeln und etablieren, um besonders gefährdete Kinder frühzeitig und strategisch zu identifizieren?
- Wie können wir einschlägige Unterstützungsprogramme inklusive Prävention/ Frühintervention, telemedizinische Maßnahmen so konzipieren, dass sie frühzeitig erreicht werden können, um die Ressourcen vor allem von sozial benachteiligten Kindern und ihren Familien zu stärken und ihnen bei der Bewältigung ihrer psychischen, sozialen und schulischen Probleme zu helfen?
Unsere Projekte in Forschungsfeld 4 - Psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen & ihren Familien
Long/Post COVID-Komitee
Eigens zur Qualitätssicherung, der in diesem Schlüsselbereich geförderten Projekte, wurde das Long/Post COVID-Komitee gegründet.
Aufgrund der ausgewiesenen Fachexpertise der Komitee-Mitglieder in den Bereichen Long/Post COVID, Versorgungsforschung sowie Sozial- und Gesellschaftswissenschaften, berät das Komitee das COFONI-Leitungsgremium zur Gewährleistung der wissenschaftlich fundierten und versorgungsrelevanten Prioritäten- und Schwerpunktsetzung sowie einer effizienten Mittelverwendung.
Die personelle Besetzung des Long/Post COVID-Komitees spiegelt ein ausgewogenes Verhältnis der an COFONI beteiligten Wissenschaftsinstitutionen wider sowie eine Schnittmenge zwischen COFONI und dem Long COVID-Expertenrat des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur (MWK), um auf diese Weise einen niederschwelligen Austausch mit dem MWK zu etablieren:
Wir trauern um Herrn Prof. Dr. med. Tobias Welte, Sprecher des COFONI-Long/Post COVID-Komitees, Medizinische Hochschule Hannover. Einen Nachruf finden Sie hier.
Prof. Dr. Christine S. Falk
Sprecherin COFONI-Long/Post COVID-Komitee
Prof. Dr. Berthold Vogel
Stellvertretender Sprecher COFONI-Long/Post COVID-Komitee
Soziologisches Forschungsinstitut Göttingen
Dr. med. Martina Wenker
Ärztekammer Niedersachsen
Prof. Dr. Lena Ansmann
Universität zu Köln
Prof. Dr. Hannelore Ehrenreich
Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften
Prof. Dr. Tim Friede
Universitätsmedizin Göttingen
Prof. Dr. Ulrich Kalinke
Institut für Experimentelle Infektionsforschung
TWINCORE – Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung
Prof. Dr. Luise Poustka
Universitätsklinikum Heidelberg
Prof. Dr. Asisa Volz
Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover
Kontakt
Prof. Dr. Christine S. Falk
Institut für Transplantationsimmunologie
Medizinische Hochschule Hannover
Carl-Neuberg Str. 1
30625 Hannover
falk.christine(at)mh-hannover.de
Prof. Dr. Berthold Vogel
Geschäftsführender Direktor
Soziologisches Forschungsinstitut Göttingen (SOFI)
an der Georg-August-Universität
Friedländer Weg 31
37085 Göttingen
berthold.vogel(at)sofi.uni-goettingen.de