CollPan: Kollateraleffekte der Pandemie
Netzwerk Universitätsmedizin (NUM)
Im zweiten Jahr der COVID-19-Pandemie sind weltweit fast vier Millionen Todesfälle zu beklagen. Neben den gesundheitlichen Folgen der Infektion kommt es zu indirekten Auswirkungen der Pandemie, sogenannten Kollateraleffekten. Bestimmte Personengruppen können dabei in besonderem Maße betroffen sein. Neben der Entwicklung psychischer Erkrankungen, zum Beispiel hervorgerufen durch soziale Isolation bei Kindern und Jugendlichen, kann eine Infektion mit SARS-CoV-2 auch Auswirkungen auf die Krankheitsverläufe und Behandlungsergebnisse von Krebspatient*innen haben, das heißt bei Menschen mit bereits bestehenden Vorerkrankungen. Aber auch infektionsmedizinische Kollateralinfekte sind wahrscheinlich: die Ausrichtung aller Aktivitäten auf SARS-CoV-2 kann zur Folge haben, dass andere Infektionen häufiger entstehen oder multiresistente Erreger öfter übertragen werden. Darüber hinaus besteht für bestimmte Berufsgruppen ein besonderes Gefährdungspotenzial. Zahnärztliches Personal beispielsweise ist während der Behandlung der Patient*innen permanent deren Atemluft ausgesetzt und somit möglicherweise besonders gefährdet für eine Ansteckung mit SARS-CoV-2.
Ein umfassendes Verständnis von Kollateraleffekten sowie die Identifizierung entsprechender Risikofaktoren für ihr Auftreten helfen dabei, notwendige (Vorsorge-)Maßnahmen für das Pandemiemanagement abzuleiten und sind von großem Interesse für das öffentliche Gesundheitswesen.
Was ist das Ziel?
Das Hauptziel von CollPan ist die Etablierung eines bundesweiten Forschungsnetzes, das als Infrastruktur zur Identifikation von und Reaktion auf Kollateraleffekte von Pandemien dient.
Im Fokus stehen dabei insbesondere:
- die systematische Erfassung sofortiger, verzögerter, schädlicher und nützlicher Auswirkungen der Pandemie auf die Gesundheit
- die Identifizierung allgemeiner und bevölkerungsspezifischer Faktoren, die vor, während und nach der Pandemie Einfluss auf die Anfälligkeit und Widerstandsfähigkeit haben
- das Zusammentragen und Bewerten von aktuell verfügbaren Maßnahmen zur Vorbeugung sowie zur Behandlung bereits aufgetretener Kollateraleffekte
Im Rahmen des Projekts werden Kollateraleffekte in relevanten Bevölkerungsgruppen untersucht. In der Allgemeinbevölkerung beispielweise sollen unter anderem altersbedingte Anfälligkeiten sowie Auswirkungen speziell bei Kindern und Jugendlichen in Zusammenarbeit mit dem NUM-Projekt COVerCHILD (COVID-19 Research Infrastructure Platform for Children and Adolescents) untersucht werden. Zudem werden gefährdete Gruppen, beispielsweise Personen mit bestehenden Vorerkrankungen, wie Krebs, mit einbezogen. Es wird untersucht, ob während der Pandemie die Rate der Neuinfektionen und multiresistenten Erregern im Krankenhaus gestiegen ist und es häufiger zu nicht sachgerechter Antibiotikatherapie kam. Darüber hinaus werden auch relevante Gruppen, wie zum Beispiel pflegende Angehörige und Mitarbeitende im Gesundheitssystem, in die Betrachtung mit einbezogen.
Die erzielten Ergebnisse sollen langfristig in die Infrastruktur des Netzwerks Universitätsmedizin zur frühzeitigen Erkennung von Kollateraleffekten und gefährdeten Bevölkerungsgruppen einfließen, um auch in zukünftigen Krisen zeitnah geeignete Vorsorge- und Behandlungsmaßnahmen entwickeln zu können.
Wer ist beteiligt?
Koordiniert wird das Projekt von den Universitätskliniken Jena, Prof. Dr. Marie von Lilienfeld-Toal, und Charité Berlin, Prof. Dr. Malek Bajbouj.
Insgesamt sind 25 deutsche Universitätskliniken an dem Vorhaben beteiligt. Seitens der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) werden sich Prof. Dr. Annette Wiegand, Direktorin der Poliklinik für Präventive Zahnmedizin, Parodontologie und Kariologie, und Prof. Dr. Simone Scheithauer, Direktorin des Instituts für Krankenhaushygiene und Infektiologie, aktiv in das Projekt einbringen.
Was untersucht die UMG?
Das Institut für Krankenhaushygiene und Infektiologie untersucht im Rahmen von CollPan die Begleiterscheinungen von COVID-19 sowie mögliche Maßnahmen zur Infektionsvorsorge. Dazu gehört die Klärung der Frage, ob bei stationären COVID- und nicht-COVID-Patient*innen bestimmte Infektionen, zum Beispiel mit multiresistenten Keimen (Krankenhausinfektionen), oder Blutvergiftungen an den beteiligten Universitätskliniken häufiger auftreten als vor der SARS-CoV-2-Pandemie und somit als Kollateralschaden identifiziert werden können.
In diesem Zusammenhang werden das Auftreten und die Behandlungsergebnisse von häufigen Infektionen überwacht und analysiert, mit dem Ziel, Empfehlungen für die Behandlung der Infektionskrankheiten in kritischen Situationen zu entwickeln und eine Grundlage für Plattformen zum Datenaustausch zu bilden, um besser auf künftige Krisensituationen reagieren zu können.
Die Poliklinik für Präventive Zahnmedizin, Parodontologie und Kariologie fokussiert im Rahmen von CollPan auf die Untersuchung von Kollateraleffekten bei Aerosol-exponierten Berufsgruppen. Hierbei handelt es sich um Berufsgruppen, die körpernah arbeiten und dadurch in besonderem Maße einer Ansteckung durch die möglicherweise in der Atemluft der behandelten Personen enthaltenen Coronaviren ausgesetzt sind. In diesem Zusammenhang sollen mögliche Risiken für die Entstehung von Kollateraleffekten identifiziert werden (Risikomatrix). Zudem sollen entsprechende Vorsorgemaßnahmen untersucht werden, um in zukünftigen Krisensituationen schneller und zielgerichteter agieren zu können.
Kontakt
Kontaktinformationen
- Telefon: +49 551 3922878
- E-Mail-Adresse: annette.wiegand(at)med.uni-goettingen.de
Kontaktinformationen
- Telefon: +49 551 3962092
- E-Mail-Adresse: krankenhaushygiene.leitung(at)med.uni-goettingen.de
- Fachärztin für Hygiene und Umweltmedizin
- Fachärztin für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie
- Infektiologe (DGI)
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