NAPKON-TIP: Nationales Pandemie Kohorten Netz - Therapeutische Interventionsplattform
Netzwerk Universitätsmedizin (NUM)
Medizinische Therapien, Medikamente oder Medizinprodukte, wie etwa Prothesen, werden nur dann zur Behandlung von Patient*innen zugelassen, wenn ihre Wirksamkeit und Sicherheit in klinischen Prüfungen bewiesen ist. Diese Prüfungen sind sorgfältig, konzentrieren sich von Beginn an auf eine bestimmte Fragestellung und ergeben, oft nach längerer Zeit, ein sicheres und belastbares Ergebnis. Pro Studie wird dabei eine begrenzte Anzahl von Behandlungsszenarien, wie beispielsweise der Einsatz eines bestimmten Medikaments für ein bestimmtes Krankheitsbild, geprüft.
Der rasante und weltweite Ausbruch der durch das Coronavirus verursachten Erkrankung COVID-19, der sehr viele Menschen zum Opfer fielen und die noch immer unseren Alltag mitbestimmt, hat uns allen gezeigt, dass nicht immer die Zeit vorhanden ist, jeweils eine begrenzte Anzahl von Behandlungsmöglichkeiten oder Medikamenten nacheinander zu prüfen. Insbesondere diese Pandemie macht deutlich, dass schnelle Anpassungen bereits im Verlauf klinischer Studien notwendig sein können, um einerseits plötzlichen Ereignissen im Infektionsgeschehen, wie etwa einer veränderten Virusmutante, zu begegnen, und andererseits neue medizinische Erkenntnisse dynamisch in die Prüfung einer wirksameren Therapie mit einbeziehen zu können. Dies ist in der üblichen klinischen Prüfung nicht ausreichend möglich.
Einen Lösungsansatz bieten sogenannte adaptive Plattformstudien. Anders als herkömmliche Studien können in dieser Studienform während der laufenden Untersuchung weitere Medikamente oder Therapien in die Prüfung einbezogen werden.
Die Patient*innen mit einer bestimmten Krankheit, zum Beispiel COVID-19, werden nach dem Zufallsprinzip verschiedenen Behandlungsgruppen, einschließlich Standardbehandlung, zugeteilt. Im Verlauf der Studie werden regelmäßig Zwischenanalysen durchgeführt, um die Wirksamkeit der verschiedenen Behandlungen mit der Standardtherapie zu vergleichen. Erweist sich dabei eine Behandlung als weniger wirksam, kann diese beendet werden. Ist sie wirksamer als die Standardtherapie, dann kann diese Behandlung zur neuen Standardtherapie „befördert“ werden. Der Studienverlauf kann dynamisch angepasst (adaptiert) werden. So wird es möglich, schneller zu einer Behandlungsmöglichkeit für eine sich sehr rasch ausbreitende Erkrankung zu gelangen, indem man beständig während der Studie „lernt“ und die Strategie neu anpasst.
Mit den bereits in den NUM-Projekten NAPKON (Nationales Pandemie Kohorten Netz) und NUKLEUS (NUM Klinische Epidemiologie und Studienplattform) etablierten Strukturen zur Rekrutierung von Studienteilnehmer*innen sowie zur Sammlung und Nutzung von klinischen Daten und Bioproben stehen diesem Vorhaben bereits sichere Infrastrukturen als Ausgangsbasis bereit.
Was ist das Ziel?
Das Hauptziel von NAPKON-TIP ist der Aufbau einer Infrastruktur für Plattformstudien in Deutschland, einer sogenannten Therapeutische Interventionsplattform (TIP), um die Zusammenarbeit mit allen Universitätskliniken in diesem Bereich zu ermöglichen. Der Fokus liegt dabei auf der Schaffung einer zentralen Koordination für Studien, die von nationaler Bedeutung im Infektionsbereich sind. Dieses Netzwerk soll sicherstellen, dass sich die Universitätsmedizin in Deutschland möglichst schnell auf dringende Aufgaben fokussieren und komplexe klinische Studien auch selbst durchführen kann.
Zudem wird NAPKON-TIP als Plattform für adaptive (anpassbare) klinische Studien dazu beitragen, die kontinuierliche Bewertung neuer Therapien im Hinblick auf Sicherheit und Wirksamkeit in bestimmten Bevölkerungsgruppen zu vereinfachen.
Wer ist beteiligt?
Die Projektkoordination erfolgt durch die Universitätskliniken Frankfurt (Prof. Dr. Maria J. G. T. Vehreschild) und Köln (Prof. Dr. Oliver A. Cornely).
An dem Vorhaben sind insgesamt 21 deutsche Universitätskliniken beteiligt, darunter auch die Universitätsmedizin Göttingen. Am Standort Göttingen mitwirken werden Prof. Dr. Sabine Blaschke, Ärztliche Leiterin der Zentralen Notaufnahme, Prof. Dr. Tim Friede, Direktor des Instituts für Medizinische Statistik, Prof. Dr. Onnen Mörer, Leitender Oberarzt der Klinik für Anästhesiologie und Leiter der Intensivmedizin, Prof. Dr. Dagmar Krefting, Direktorin des Instituts für Medizinische Informatik, und Ralf Tostmann, Leiter des Studienzentrums der UMG.
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