Hubschrauber-Tetris

Dr. Markus Roessler, Leitung Notfallmedizin

... beweist Humor und spielt mit uns „Hubschrauber-Notfallmedizin-Tetris". Dabei zeigt er nur ein Bruchteil der Ausrüstung, die der „Christoph 44" bei seinen Rettungsflügen mit sich führt. Der Leiter der präklinischen Notfallmedizin (seit 2001) gibt zu, dass er früh eine Faszination für seinen heutigen Job hatte. Zum Team des Rettungshubschraubers gehören aus drei Stammpiloten, sieben Notfallsanitäter, die auch HEMS-TC (Helicopter Emergency Medical Services – Technical Crew) sind und rund 20 Ärzt*innen, die über das Jahr verteilt eingesetzt werden. Heute ein Blick hinter die Kulissen  ...

Wie läuft ein Hubschrauber-Einsatz in den meisten Fällen ab?

„Sobald wir angefordert werden, eilen drei Personen zum Hubschrauber. Das sind zum einen

  • Pilot*innen der DRF Luftrettung
  • Notärzt*innen der Universitätsmedizin Göttingen - Klinik für Anästhesiologie, Geschäftsfeld Notfallmedizin
  • Notfallsanitäter*innen der DRF Luftrettung und der Berufsfeuerwehr Göttingen

Es kann sein, dass wir das erste eingesetzte Rettungsmittel sind oder nachgefordert werden. In 40% der Fälle sind wir die ersten am Einsatzort, weil wir mit dem Hubschrauber einfach sehr schnell sind. Die meisten schwerkranken oder -verletzten Patient*innen bringen wir in die UMG. Danach heißt es dann, den Hubschrauber wieder „fit" für den nächsten Einsatz zu machen. Unser Einsatzradius beträgt 70 km – was wir in unter 20 Minuten schaffen – wobei wir hin und wieder auch deutlich weitere Einsätze fliegen."

Erinnern Sie sich noch an Ihren ersten Einsatz?

(lacht) „An meinen ersten Hubschraubereinsatz erinnere ich mich tatsächlich nicht mehr - es waren seither einfach zu viele. An meinen ersten Dienst als Notarzt am 1. Januar 1994 erinnere ich mich sehr wohl - das war eine richtige „Feuertaufe" mit schwerstkranken und -verletzen Patienten. Viele, viele Einsätze folgten danach.

Wenn ich heute zu einem Einsatz fliege, habe ich mir nicht zuletzt durch die langjährige Erfahrung ein anderes Stresslevel antrainiert. Meine Begeisterung für diesen besonderen Bereich der Medizin, in dem man Patient*innen aller Fachbereiche und jeden Alters behandelt hat in all den Jahren nicht nachgelassen.

Und durch die Fortschritte, die Professionalisierung und auch die Akademisierung hat die Notfallmedizin an Ansehen gewonnen. Dieses einmalige Querschnittsfach „ist erwachsen" geworden."

Welches sind für Sie und Ihr Team besonders "schlimme" Einsätze?

„Das lässt sich so pauschal gar nicht sagen. Über die Jahre erlebt man zwangsläufig viele Situationen die mit schweren und tragischen Schicksalen verbunden sind. Mein Credo ist, dass man als Notfallmediziner sehr wohl sensibel dafür sein kann, ohne sentimental zu sein.

Ich glaube, dass ob und wie sehr einen Schicksale berühren, ein Stück weit davon abhängt, ob man einen persönlichen Bezug zu einer solchen Lebenssituation hat. Wenn z.B. ein junger Mensch verunfallt, wird es einen als Vater oder Mutter möglicherweise anders berühren, wenn man selbst Kinder im gleichen Alter hat."

Anflug auf die UMG ... noch mit Schwänchenteich

Welche Eigenschaften müssen Notfallmediziner*innen mit sich bringen?

„Auf jeden Fall sind Notfallmediziner*innen sehr entscheidungsfreudige Menschen. Das muss auch so sein, denn bei den Einsätzen kommt man in mindestens 10% der Einsätze in Situationen in denen sofort eine vitale Entscheidung getroffen werden muss."

DRF Standort Göttingen für "Christoph 44"

Der Hubschrauber „Christoph 44" der DRF Stiftung Luftrettung gemeinnützige AG übernimmt an der Universitätsmedizin Göttingen die Transporte von Notfall- und Intensivpatient*innen. Jährlich werden rund 1.500 Einsätze geflogen - im Sommer sind es im Durchschnitt täglich etwa acht pro Tag, im Winter aufgrund der Wetterbedingungen „nur" etwa vier pro Tag. Die Zahl „44" wurde dem Standort Göttingen aufgrund einer deutschlandweiten Nummerierung zugewiesen.

Sie sind auch als "Chef" weiterhin im Einsatz - wo finden Sie den Ausgleich zur Verantwortung?

„Diese Frage höre ich tatsächlich häufiger. Natürlich tragen mein Team und ich eine große Verantwortung, aber da ist man über die Jahre hinweg reingewachsen und so entwickelt man vermutlich auch ein anderes Stressempfinden. Meinen Ausgleich und Fitness für den Beruf hole ich mir zum Beispiel beim Sport - ich fahre gern Fahrrad - oder bei Hochtouren. Wenn ich nach Hause komme wartet oft unser zugelaufener Kater auf der Fußmatte vor dem Haus auf mich und dann führe ich ein entspannendes „Schnurrgespräch“ mit ihm."

Lieber Herr Dr. Roessler, vielen Dank fürs Mitmachen und Ihre Offenheit. Wir wünschen Ihnen und Ihrem Team für das nächste Jahr besonders gute Flüge!

Das könnte Sie auch interessieren

Folgen Sie uns