„Ich leiste meinen Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie.“
Oliver Bader, 49 Jahre, promovierter Biochemiker und IT-Koordinator des Instituts für Medizinische Mikrobiologie und Virologie
„Eigentlich bin ich ja Forscher“, so beginnt das Interview mit Oliver Bader. Während er noch fokussiert mit seiner Forschungsgruppe resistente Pilze untersucht, wird er wie viele andere durch das Coronavirus im März 2020 überrascht. Sein Arbeitsalltag hat sich seitdem ziemlich verändert. Doch die Freude und Begeisterung zu seinem Forschungsfeld sind davon unbeeindruckt ….
Wie sah Ihr Arbeitsalltag vor der Pandemie aus?
„2006 habe ich am Institut für Mikrobiologie und Virologie als PosDoc angefangen. Ich bin Mykologe (Mykologie = Wissenschaft von Pilzen und Hefen) und leite dort inzwischen ein Forschungslabor. Ich untersuche u.a., wie häufig resistente Pilze auftauchen und woher diese Widerstandsfähigkeit kommt. Seit knapp zehn Jahren bin ich nun auch schon für die IT-Koordination im Institut zuständig. Da bin ich aber nur irgendwie so reingerutscht. Formal ist meine Stelle aufgeteilt in 49 % IT und 51 % Forschung. Der Fokus hat sich allerdings spätestens mit der Pandemie verschoben.“
Stockt Ihre Forschung derzeit?
„Ich bin mitten in meiner Habilitation. Wenn alles gut läuft, hoffe ich sie in 2022 endlich abzugeben. Es stockt also nicht direkt, aber durch die erhöhte Arbeitsbelastung liegen Forschungsprojekte eher weiter unten in der Schublade.
Während die IT-Aufgaben vor der Pandemie meist mit der Integration und Wartung verschiedener Gerätschaften verbunden waren, die meine Kolleg*innen und ich für die Diagnostik und Forschung benötigten, sind die Aufgaben jetzt wesentlich vielfältiger, zeitkritischer und losgelöster von meiner Forschung geworden. Das bedeutet auch, dass ich mit 49 Prozent derzeit nicht mehr hinkomme.“
Was genau betreuen Sie als IT-Koordinator in der Pandemie?
„Das sind verschiedene Projekte, vor allem um die Corona-Diagnostik des Hauses und der Uni. Unter anderem habe ich auch zentral am Aufbau des Campus-COVID-Screen-Programms mitgewirkt. Während der Wellen fange ich meist jeden Morgen so ab 6:00 Uhr damit an, von zuhause aus meine Mails zu prüfen, und schaue ob es Fehlermeldungen vom Vorabend gibt. Die Labore arbeiten ja bis in den späten Abend. Aufgrund der derzeitigen Auslastung an internen Corona-Tests stoßen die Programme, die wir zur Terminvereinbarung und zum anschließenden Ergebnisversand nutzen, inzwischen häufig an Kapazitätsgrenzen. Systemabstürze und Befunde, die in der Warteschleife festhängen, kommen daher ab und an vor. Gemeinsam mit einem Kollegen müssen wir daher auch die Wochenenden abdecken, um auf Ausfälle schnell reagieren zu können. Besonders wichtig wird es bei positiven Fällen. Wenn da ein positiver Fall nicht rechtzeitig an die richtigen Instanzen weitergegeben wird, könnte dieser ja weitere Menschen infizieren.
Über den Tag bin ich in vielen Meetings und Schalten integriert, weil es doch sehr viele verschiedene Fäden gibt, die alle irgendwie in der IT zusammenlaufen. Quasi jeden Tag hat irgendjemand eine neue Idee was man noch besser oder zumindest anders machen könnte. Ein aktuelles Großprojekt in der Pipeline ist die Übermittelung von PCR-Tests ans Gesundheitssystem oder bspw. an die Corona-Warnapp. Das funktioniert noch nicht automatisch.“
Worauf freuen Sie sich, wenn die IT-Aufgaben wieder etwas weniger werden?
„Auf die Forschungsideen, die derzeit in meiner Schublade schlummern. Mein Selbstverständnis von meiner Berufung ist nicht die IT, sondern ganz klar die Forschung. Ich bin einfach fasziniert von Pilzen und ihren Eigenschaften. Ich hoffe wirklich, dass es irgendwann wieder besser wird.
Ich habe sowohl in der IT als auch im Labor kleine aber schlagkräftige Teams, zum einen bestehend aus einem Systemadministrator und Kräften aus den Diagnostiklabors, und zum anderen einer gerade fertig gewordenen Doktorandin und zwei Technische Assistenzen. Es wird prima, wenn wir gemeinsam wieder alle Kapazitäten ausschöpfen können.“
Sie wirken trotz der derzeitigen Arbeitsbelastung so ausgeglichen. Welchen Tipp haben Sie?
„Es nützt ja alles nichts. Momentan müssen wir da einfach durch. Jammern bringt in meinen Augen nicht viel. Ich leiste meinen Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie, das ist einfach gerade wichtig.
Einen Ausgleich bekomme ich zuhause. Ich habe Kinder, da vergisst man den Arbeitsalltag schnell. Außerdem fahre ich gern Fahrrad und lese Science-Fiction-Bücher. Wir haben auch einen Schrebergarten, leider hat jemand unser Häuschen darauf erst vor Kurzem angezündet. Wir überlegen also gerade wie wir die Neugestaltung umsetzen, und sehen das Ganze als Chance auf etwas Neues.
In den kommenden Wochen werde ich mich darauf fokussieren, neue Kräfte zu sammeln und versuchen meine Habilitation weitestgehend zum Ende zu bringen, um dann irgendwann wieder liegengebliebene Projekte anzugehen. Alles kommt zu seiner Zeit.“
Lieber Oliver Bader, eine so positive Einstellung ist höchst selten und hat uns eindrücklich berührt. Wir wünschen Ihnen für die bestehende Habilitation nur das Beste und einen erholsamen Urlaub. Behalten Sie Ihre positive Art . Toll, was Sie und Ihre Kolleg*innen in Pandemiezeiten leisten.
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